OPEN-REEL: VIDEOS AUF OFFENEN SPULEN VON 1/4 Zoll BIS 2-ZOLL

Formate wie IVC, EIAJ, Grundig BK, Akai, PHILIPS EL UND VIELE MEHR MACHEN ES HEUTE BEIM DIGITALISIEREN SCHWER...

...denn man kann rein am Band nicht wirklich erkennen, welches Aufzeichnungsformat damals verwendet wurde. Mit viel Glück hat jemand in weiser Voraussicht einen Vermerk auf das Band geschrieben... sonst wird es schwer, denn zwischen den frühen 1960er Jahren und Mitte der 1980er Jahre gab es unzählige Videobandformate, die auf 1-Zoll breites Magnetband aufzeichneten... und natürlich haben auch Tonstudios 1-Zoll Bänder für Mehrspuraufnahmen benutzt. Es kann also Video sein, oder nur Ton. 

Erste Sortierung für die Digitalisierung von 1-Zoll Videobändern

Der Formatedschungel der 1960er Jahre macht es beim Digitalisieren von 1-Zoll-Videobändern nicht leicht. Man kann beim "Vorsortieren" aber folgende Dinge berücksichtigen:

 

Beschriftung auf Bändern und Spulen kann Aufschluss geben über das eingesetzte Videoformat. So gab es z.B. von IVC mit dem Markenlogo bedruckte Bänder. Auch andere Hersteller hatten eigene Bänder und die meisten Nutzer kauften die "zum Gerät passenden" Bänder, obwohl sie natürlich weitgehend austauschbar waren.

Schichtlage - Ein wesentlicher Unterschied ist die Lage der Magnetschicht, in der Regel die glänzende Schicht. ist diese innen oder außen gewickelt? Bei rund 2/3 der Formate war die Schicht innen.

Innerer Kern - manche Bänder hatten nur ein kleines Loch in der Mitte, andere ein ca. 8 cm großes Loch für die Aufnahme auf der Maschine. 

Aufnahmedatum - das ist ein sehr wichtiges Indiz, da die Einführung der verschiedensten Formate weitgehend genau bekannt ist.

Das sind alles erste Indizien für das verwendete Videoformat, die bei der Vorbereitung der Digitalisierung hilfreich sein können. Weiter unten finden Sie noch einige Bilder von verschiedenen Videobändern und deren Unterschieden und möglichen Formaten.

Aufnahmeort - Während das IVC Format sehr beliebt war bei Forschungseinrichtungen und Instituten, setzten Behörden in Deutschland natürlich stark auf deutsche oder europäische Produkte. Daher finden sich hier vor allem Grundig BK ( Sirecord von Siemens ) oder zuweilen auch Philips EL Videobänder. Das Sony 1-Zoll-Format war sehr wenig verbreitet und lässt sich sehr gut an den Spulen identifizieren.

 

Hilfreich können auch diese Links sein. Hier finden Sie Abbildungen verschiedenster Videorekorder mit offenen Spulen und vor allem auch Bilder der Spulen selbst. Achten Sie auch die inneren Löcher in den Spulen mit denen sie auf die Maschine gesteckt werden.  Auch ob die Schicht innen oder außen sein muß, kann man hier sehen. Das Band wird immer um die große Scannertrommel gewickelt und die Schicht muß an der Scannertrommel innen liegen. Wenn Sie den Bandweg in den Fotos der Maschinen verfolgen, können Sie so sehen, wie das Band auf der Spule liegen muß... na ja. manchmal wurden beim Umspulen auch die Seiten gedreht...

 

Lab Guys Museum of Extinct Video Systems

Magnetbandmuseum

 

AKAI 1/4 Zoll Videobänder

Sehen aus wie Tonbänder - sind aber tatsächlich Videobänder. Das Akai 1/4 Videoformat mit offenen Spulen kam Anfang der 1070er Jahre auf den Markt, der große Vorteil: Das kleine, leichte Band machte tragbare Videorekorder-Kamera Combos so handlich, das viele ambitionierte ( und wohlhabende ) Amateurfilmer darauf einstiegen. Verbreitet sind daher die tragbaren Videorekorder Akai VT-100 und VT-110. Einziges Manko: nur schwarz-weiß. Doch dafür kam dann bald der Akai VT-150 als tragbarer Farb-Videorekorder. Für den Heimbereich gabs die VT-700, die - wie nicht anders zu erwarten - auch fast genauso aussieht wie ein Tonbandgerät. Besonders schwierig bei Digitalisieren der Akai Videobänder ist, das diese Geräte damals nicht besonders kompatibel gebaut wurden. Das heißt, schon damals war es oft nicht möglich, ein Band von einem Rekorder auf einen anderen zum Abspielen zu legen. Zudem haben sich die Bänder auch noch über die Jahre gedehnt. Um das zu optimieren, verwenden wir zum digitalisieren speziell modifizierte Akai VT-700 mit regelbarer Geschwindigkeit.

Ein 1/4 Zoll Videoband. Die Bänder sehen genauso aus wie Tonbänder, waren aber aus besserem Material. allerdings hat es auch mit Tonband funktioniert - was viel billiger war...


1/2 ZOLL VIDEOBÄNDER

Schön, das es nur ein 1/4 Zoll Videobandformat gab. Wenn man 1/2 Zoll Videobänder digitalisieren will, wirds schon schwieriger. Da gab es das LDL Format von Philips, natürlich nur in schwarz-weiß und das Sony CV Format sowie nochmal ein eigenes von Shibaden, das auch von Bang&Olufsen in Europa vertrieben wurde. Die Bänder lassen sich nicht unterscheiden. Die Formate waren für den Heimgebrauch bestimmt oder für Unternehmen. Das war ab Mitte der 1960er Jahre. Aber schon Ende der 1960er taten die Japaner, was bislang undenkbar war: Mehrere Unternehmen einigten sich auf ein System. EIAJ1 war geboren ( Electronics Industry Association of Japan ). Man konnte Bänder zwischen Geräten verschiedener Hersteller austauschen und es gab kleine, tragbare Rekorder mit kleineren Spulen. Kurz darauf EIAJ2 in Farbe. Beim digitalisieren sind alle diese Bänder sehr schwierig, da sie häufig bereits stark angegriffen sind und eine klebrige Oberfläche haben. Zudem gab es z.B. beim CV Format noch keinen Tracking Regler. Solche dringend nötigen Dinge sind bei den Videorekordern, die wir für die Digitalisierung von Halbzoll-Videobändern auf offenen Spulen ( Open-Reel ) verwenden, natürlich nachgerüstet. 


1 ZOLL Videobänder DIGITALISIEREN

Hier wird es besonders schwierig. Denn die Zahl der 1-Zoll-Videoformate, die ab den 1960er Jahren auf den Markt spülte, war riesig. Oft wurden nur wenige Geräte verkauft, dann hatte man noch was besseres, leichteres, oder farbiges. So gab es die Philips EL Geräte in verschiedenen Bandgeschwindigkeiten und schließlich auch in Farbe. Ein Hersteller, ein Bandformat, nicht einmal 10 Jahre und nichts untereinander kompatibel! Neben Philips entwickelte auch Grundig 1-Zoll-Videorekorder, in Übersee  Ampex, Sony, IVC und viele andere. Das macht beim Digitalisieren die Identifizierung des richtigen Abspielformates extrem schwierig und aufwändig. Wenige Indizien weisen auf das Format hin wie z.B. ob die Magnetschicht innen oder außen liegt... oder der Innendurchmesser der Spulen. Fatal wird es beim Digitalisieren, wenn Bänder falsch aufgespult wurden, was gerne - wenn auch selten - vorkommt. Dann ist plötzlich die Schicht auf der falschen Seite... oder das Band ist rückwärts aufgewickelt, weil es nicht zurück gespult wurde. Dann bekommt man beim Digitalisierungsversuch erstmal gar nichts... obwohl das Band auf der richtigen 1-Zoll-Maschine liegt. Das heißt, bereits die reine Zuordnung, welches Format nun vorliegt, kann schon viel Zeit in Anspruch nehmen.

IVC 711 Videorekorder mir Farboption. Die Innendurchmesser der Spulen sind identisch zu Philips EL, 1-Zoll B und C sowie einigen anderen. Diese Spulen sind die häufigst verwendeten.


Das Philips EL Format hat die gleichen Spulen wie IBV oder 1-Zoll B und C. 

VERKLEBT, VERSCHMUTZT, UNBRAUCHBAR?

Was die meisten 1-Zoll aber auch 1/2 und 1/4 Zoll Videoformate gemeinsam gaben ist, das der Zahn der Zeit schon gehörig an den Bändern genagt hat. Das macht das Digitalisieren zum einen sehr schwierig, aber umso dringlicher. Über die Jahre sind die Bandoberflächen durch chemischen Verfall oft klebrig geworden. Da aber die Videobänder oft um sehr grußflächige, meist stehende ( bei späteren Systemen rotierten nicht nur die Videoköpfe sondern oft die kompletten Trommeln ) Scanner laufen müssen, entstehen ein sehr hoher Widerstand der auch gerne zum Stillstand führt. Die Digitalisierung wird dadurch massiv beeinträchtigt oder gar unmöglich gemacht.  Abhilfe kann aber die thermische Behandlung und Reinigung der 1-Zoll ( oder schmaler ) Videobänder bringen. Dadurch wird unter kontrollierten Bedingungen die Bandoberfläche vorübergehend noch einmal "gehörtet" und getrocknet, da sich auch Feuchtigkeit in den Bändern sammeln kann. Oft lassen sich Videobänder dann perfekt abspielen. Allerdings nicht für lange... schnell verwandeln sie sich wieder in ihren alten, klebrigen Zustand.


Time base Corrector

Sehr wichtig ist beim Digitalisieren von 1-Zoll Videobändern oder anderen Videobändern auf offenen Spulen die Korrektur der "Bandungenauigkeiten" sowie der vielen technischen Mängel, die die ersten Videoformate so hatten. Eine große Auswahl verschiedener Time-Base-Correctoren ist dabei hilfreich. Wir haben ca. 20ß verschiedene TBC bei uns für die Digitalisierung und können so immer den optimalen TBC einsetzen. Oft sind es die ganz alten Geräte, die mit uralt Videobändern klar kommen, da spätere Time-Base-Correctoren oft nur noch für U-matic oder VHS entwickelt wurden, Videobandformate, die ohnehin bereits sehr ausgereift und stabil waren, wenn man bedenkt, das die ersten Videorekorder mit 1-Zoll-Bändern Wechselstrommotoren hatten und die Netzfrequenz zur Synchronisation nutzten.

Das Sony CE Format hat nur ein sehr kleines Loch in der Spulenmitte


Modifikation für bessere Video-Digitalisierung

Viele historische Videogeräte weisen aus heutiger Sicht diverse Mängel auf. So fehlen z.B. exakte Bandführungen, Trackingregler oder einfach saubere Taktgeber. Die Geschwindigkeiten wurden über Riemen und Reibräder geregelt, alles potentielle "Ungenauigkeiten" Oft lag es an fehlenden technischen Möglichkeiten, oder man hat einfach gespart, da die Geräte mit damals 3000 bis 8000 Mark ohnehin schon mehrere Monatsgehälter kosteten und man eigentlich ja nicht nur Unternehmen und Hochschulen als Käufer erreichen wollte, sondern vor allem auch Privathaushalte. Daher gab es viele 1-Zoll-Videorekorder auch in schicken Holztruhen mit integriertem Fernseher und Minibar. Generell gingen die Ingenieure damals davon aus, das jeder seine Bänder nur auf dem eigenen Gerät auch wieder abspielt... Kompatibilität war noch nicht so wichtig.. Heute sind die technischen Möglichkeiten die damals fehlten längst Schnee von gestern und um Videobänder optimal digitalisieren zu können, rüsten wir diverse Features nach wie z.B. regelbare Geschwindigkeit, Gleichstrommotoren mit elektronischer Regelung, präzise gefräßte Bandführungen oder Trackingregler. Unser Kapital sind dabei Experten und Ingenieure, die noch mit dieser alten, analogen Videobandtechnik vertraut sind.


1-Zoll Video in den 1980er Jahren

Anfang der 1970er Jahre kamen dann langsam die ersten Kassetten-Videoformate. VCR, U-matic und schließlich VHS, Betamax und Video 2000 waren schnell Verkaufserfolge, denn das Einlegen von Videobändern auf offenen Spulen war nicht ganz einfach und Kassetten so viel praktischer, sicherer und vor allem kamen dann auch die ersten Videotheken auf. Die Tage der Open-Reel Videosysteme waren gezählt. Sehr schnell verschwanden die 1-Zoll und Halbzoll-Videorekorder aus den Wohnzimmern und schließlich auch aus den Instituten und Hochschulen. Nur im professionellen Bereich lebte 1-Zoll Videoband weiter, bis Anfang der 1990er Jahre verwendeten Fernsehsender 1-Zoll B und 1-Zoll C. Diese Formate ( ca. seit Mitte der 1970er Jahre ) waren extrem teuer aber auch sehr gut. Hier wurde die Breite des Bandes vor allem für Qualität und Frequenzgang genutzt. Erst Betacam und DigitalBetacam - beides Componenten-Videosysteme - beendeten die fast 40-jährige Ära der Open-Reel-Videosysteme. Und wer noch mehr wissen will, kann gerne anrufen oder hier noch tiefer in die Geschichte einsteigen: BBC VERA