Schallplatten digitalisieren - LP, Schellack, Lorby oder Decelith

Schallplatten digitalisieren

Schallplatten gehören zu den ältesten - und auch haltbarsten Tonaufzeichnungsmedien. Aber Schallplatte ist nicht gleich Schallplatte und die Art, wie man sie abspielt, entscheidend für die Qualität, die auch nach 100 Jahren noch sehr gut sein kann. Am häufigsten ist die klassische "Langspielplatte" aus Vinyl, einem flexiblem Kunststoff, die vor allem in den 1960er Jahren ihren Siegeszug feierte und in Presswerken mittels Metallstempeln schnell und billig produziert werden konnte.  Dank sehr feiner Rillen und einer Umdrehungszahl von 33 rpm wurde eine lange Spielzeit von bis zu 30 Minuten je Seite und eine sehr gute Qualität erreicht. Davor gab es die Schelllackplatte mit sehr viel gröberen Rillen, was in weniger Spielzeit und auch einer höheren Umdrehungszahl resultierte, um eine annehmbare Qualität zu erreichen. Schellack ist sehr hart und bricht daher auch sehr leicht. Was es aber parallel auch gab, und was nach dem 2. Weltkrieg sehr schnell verschwand waren Schallplatten als Aufzeichnungsmedium für individuelle Anwendungen


Schallplatten für individuelle Aufnahmen gab es vor allem in den 1930 und 1940er Jahren. Da man in Schellack nicht "schreiben" konnte, wurde auf Metallplatten, Wachsplatte oder weichere Kunststoffplatten geschrieben, oft auch auf mit einem weichen Material beschichtete Metallscheiben, sogar in Gelatine. Das verfahren war einfach, erste Aufnahmegeräte sahen aus wie ein "umgekehrtes" Grammophon mit einem Trichter, in den man sprechen konnte, ähnlich den Wachswalzen-Rekordern. Eine Stahlnadel ritzte die Schallwellen mehr oder weniger 1:1 in die Platte und fertig war die Aufnahme. Natürlich gabs das dann auch etwas ausgereifter mit Mikrofon und entsprechender elektrischer Umsetzung. Vor allem im Krieg verwendete man sehr gerne solche Schallplatten, damit Soldaten von der Front ihre Nachrichten sozusagen als "Voicemail" von der Front in die Heimat schicken konnten. Überall gab es kleine, mobile Aufnahmestudios und die bekanntesten Anbieter waren Decelith und Lorby. 

SELBSTSCHNITT SCHALLPLATTEN


Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts waren Schallplatten - neben Wachswalzen -  auch sehr beliebt für die individuelle Aufnahme. Das waren die sogenannten "Selbstschnitt-Platten" mit den unterschiedlichsten Trägermaterialien. Viele sehen aus wie gewöhnliche Schallplatten, haben aber ihre Eigenarten und Besonderheiten, die man bei der Digitalisierung beachten muß. Generell digitalisieren wir Schallplatten im Nassabspielverfahren nachdem wir sie gewaschen und antistatisch behandelt haben.. das aber vertragen einige Selbstschnittplatten gar nicht, es kann sie sogar zerstören. #

Nach dem zweiten Weltkrieg wurden die Selbstschnitt-Schallplatten rasch durch das Tonband abgelöst. Einmal wegen der Kosten und der Robustheit, aber vor allem auch wegen der Spieldauer. Während Sebstschnittplatten kaum über 10 Minute je Seite kamen, konnten Tonbänder rasch mehrere Stunden und das sogar in besserer Qualität.

DECELITH SCHALLPLATTEN

Decelith Schallplatten gab es vor allem in den 1940er Jahren und nach dem Krieg wurden sie recht schnell durch Tonbänder abgelöst. Die Decelith Platten haben einen elastischen Träger mit einer schwarzen Beschichtung. Generell gehören sie zu den "haltbareren" Selbstschnittplatten und wurden auch gerne vom Reichsrundfunk eingesetzt. Sie haben einen relativ großen Rillenabstand und kommen so auf kaum mehr als 10 Minuten Spielzeit. Start war übrigens in der Plattenmitte.. was aktuelle Plattenspieler vor Herausforderungen stellt. Normal gab es am Ende, also außen, eine "Kreisrille" damit die Nadel nicht von der Platte fällt... aber das funktioniert nicht immer, vor allem mit modernen Plattenspielern.

Sehr beliebt waren sie im Krieg auch, damit Soldaten  Nachrichten mit ihrer eigenen Stimme aufnehmen und von der Front in die Heimat schicken konnten. Sozusagen die ersten "Voicemails" . Die Decelith Platten konnten auf jedem Grammophon mit Stahlnadel und einer Drehzahl von 78 rpm abgespielt werden. Die Qualität ist relativ mäßig, was oft bereits an der Aufnahme liegt. Decelith Platten waren nie für die Vervielfältigung bestimmt, sondern ersetzten eher "Diktiergeräte". Für hochwertige Aufnahmen benutzte man damals Stahlplatten oder die ersten Tonbänder. Will man Decelith Platten heute abspielen und digitalisieren, benötigt man vor allem einen sehr "groben" Tonabnehmer. Eine klassische Diamant- oder Saphirnadel wie sie für Langspielplatten benutzt wird, ist viel zu schmal und "fällt" einfach in die Rille hinein und kratzt dann am Rillenboden entlang, während die Schallwellen aber an den Rillenwänden aufgezeichnet sind. Die berührt eine  normale Nadel nicht oder kaum, die Wiedergabe ist so stark gestört und extrem leise. Das Digitalisat dann eher kein Genuß und vor allem kein Abbild des Originals.


LORBY SCHALLPLATTEN

Lorby Schallplatten sind im Prinzip das Gleiche wie die Decelith Platten ( siehe oben ) nur das das Studio "Lorby" eher auf den Südwestdeutschen Raum eingegrenzt war. Die Platten von Lorby waren aus Metall / Aluminium ) mit einer dünnen, lackartigen Kunststoffbeschichtung. Diese Beschichtung löst sich inzwischen leider oft ab , was die Aufnahme in der Regel unwiederbringlich zerstört. Ansonsten können die Lorby Platten ebenfalls mit 78 rpm und einer sehr breiten Nadel noch gut abgespielt werden. Da ja die Aufnahme eigentlich in den Rillenwänden liegt und zu schmale Nadeln nach unten einfach "durchfallen". Auch das Auflagegewicht sollte nicht zu groß gewählt werden.


GELATINE PLATTEN  - Pliaphon & Co.

Einige Hersteller setzen auf Gelatine als "beschreibbare Schicht" aufgezogen auf Aluminium oder sogar Papier, was zu sehr weichen, wabbeligen Platten führte - die ersten "Floppy Discs" sozusagen. Manche waren wasserfest, andere gar nicht und die feinen Rillen in der Gelatine werden matschig, wenn man versucht, sie nass zu reinigen. Diese Platten sind meistens bräunlich und können daher leicht mit den Assmann-Magnetfolien verwechselt werden. Noch ein Problem, weswegen sich eine zügige Digitalisierung lohnt: Viele dieser Gelatineplatten sind inzwischen hart und brüchig geworden und beginnen bereits, Risse zu bilden. Werden die Risse zu groß, ist eine Digitalisierung fast nicht mehr möglich. Man kann unter sehr kp0ntrollierter Feuchtigkeitszugabe die Gelatine wieder etwas "anreichern" so das sie etwas aufquillt und die Risse wieder schließt, aber dann muß in jedem Fall mit sehr passender Nadel und geringen Gewichten am Tonarm digitalisiert werden.


MAGNETFOLIEN - ASSMANN, Astromag & Co

Ein kleiner Exkurs in die Magnetaufzeichnung.... weil wir es gerade davon hatten. In den 1950er Jahren kamen Diktiergeräte des Herstellers Assmann auf den Markt, die auf braune, schallplattenartige, teils flexible Scheiben aufzeichneten. Die waren allerdings weder aus Gelatine noch hatten sie eingeschnittene Schallwellen. Die Rillen auf diesen Platten dienten der Führung eines Magnettonkopfes, mit dem man bis zu 10 Minuten auf so eine Scheibe aufzeichnen konnte. Die Assmann Magnetplatten bzw. Magnetfolien sind nicht weit verbreitet gewesen, aber beim Digitalisieren gibt es dennoch recht gute Ergebnisse. Findet man solche Platten ( auch unter dem Namen "Astromag" vertrieben ) im Archiv, kann man sie leicht von Gelatine-Selbstschnitt-Schallplatten unterscheiden: Die Assmann-Magnetplatten sind hellbrauch und sehr dünn. Gelatine-Schallplatten eher dunkler, meist etwas grünlich und  wirken ein wenig wie Harz oder Wachse und sind deutlich dicker und schwerer. Die ersten Geräte waren reine Röhrengeräte, die letzten, die auf den Markt kamen hatten bereits ein paar Transistoren. Bei uns haben wir mehrere solcher Geräte für die Digitalisierung verfügbar.


SChellackplatten

Schellackplatten waren noch lange gebräuchlich, hatten ihre Hochzeit aber vor dem 2.Weltkrieg und wurden auf mechanischen oder elektrischen Grammophonen abgespielt. Auch heute laufen die Platten noch ganz hervorragend, wenn man sie vor der Digitalisierung sehr gründlich reinigt und dann mit einer passenden Nadel abspielt, denn die Nadeln der Grammophone waren meist einfache Stahlstifte, kein Vergleich zu heutigen Diamanten oder Saphiren, die viel feiner sind. Wie bei den Selbstschnittplatten, sind auch hier die Rillen breiter, moderne Nadeln "fallen" einfach an den Rillenboden durch und schrubben dort rum... während sie kaum etwas von der eigentlichen Aufzeichnung in den Rillenwänden für die Digitalisierung abtasten. Tatsächlich gibt es viele Nadeln für die 78 Umdrehungen/Minute, mir denen man alte Platten abspielen muß, aber nur wenige sind wirklich auch "dick" genug.


Vinyl Langspielplatten und Singles

Die alten Vinylplatten feiern ja gerade wieder einen großen Siegenzug, weil sie so schön analog sind. Ob die Musiker, Dirigenten oder Schriftstellerinnen und Dichter, deren Werke auf Langspielplatten - LPs - gebannt wurden, das Knistern und Knacksen mochten, ist fraglich. Aber das kann man beim Digitalisieren sehr gut reduzieren. Ein wesentlicher Faktor sind dabei statische Aufladung und Nadel. Wir waschen alle Schallplatten erst einmal gründlich. Dabei werden sie auch antistatisch beschichtet. Danach spielen wir sie zum Digitalisieren nass ab und verwenden dabei speziell gerundete Nadeln. Die meisten Nadeln sind "eckig" geschliffen und können sich so in den Rillen und vor allem den nicht gewollten Schmutzpartikeln und Mikrokratzern, verhaken, während gerundete Nadeln einfach drüber hinweg gleiten. Die verwendeten Reinigungs- und Abspielmittel verdunsten nach dem Digitalisieren rückstandsfrei.